Alarmierende Zahlen: 50 % des Online-Glücksspiels im illegalen Markt
Studie enthüllt: Die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags wurden scheinbar verfehlt. Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) bezieht Stellung.
Die aktuelle Studie von Professor Gunther Schnabl und Taiki Murai von der Universität Leipzig „Eine Analyse der neuesten Entwicklungen des Online-Glücksspielmarktes in Folge des Glücksspielstaatvertrags 2021“ kommt zu dem Ergebnis, dass etwa die Hälfte des Online-Glücksspiels im illegalen Markt stattfinde. Damit werde die Kanalisierung in den regulierten Markt, eines der Hauptziele des Glücksspielstaatsvertrags 2021 (GlüStV) verfehlt. Branchenverbände rufen die Behörde zum Handeln auf. Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder hat am Dienstag in einer Pressemitteilung zu den Vorwürfen Stellung bezogen.
Enormes Schwarzmarktangebot im Internet
Der Deutsche Online Casinoverband (DOCV) sowie der Deutsche Sportwettenverband (DSWV) sprachen in ihren Pressemitteilungen von alarmierenden Entwicklungen. Der deutsche Markt sei nicht rückläufig, wie vielfach angenommen werde. Vielmehr fänden rund die Hälfte aller Online-Glücksspielaktivitäten im nicht regulierten Markt statt.
Somit könnten Spielerschutzmaßnahmen wie Einzahlungslimits und Spielersperren, die legale Anbieter träfen, nicht greifen. Doch nicht nur der Spielerschutz sei in Gefahr, auch führe diese Entwicklung zu Steuerausfällen im dreistelligen Millionenbereich. Der DOCV geht davon aus, dass mindestens drei Viertel der Umsätze im Schwarzmarkt generiert würden.
Branchenverbände fordern mehr Wettbewerbsfähigkeit
Für den DOCV und den DSWV, die Auftraggeber der Studie, seien nun dringende Maßnahmen erforderlich. Der Ansatz des GlüStV sei zu restriktiv in Bezug auf Spielangebot und -Abläufe.
Laut DOCV-Präsident Dr. Dirk Quermann sei das Online-Glücksspiel ein dynamischer Markt, der auch eine dynamische Regulierung benötige. Nur eine flexible Regulierung gewährleiste eine Lenkungsfunktion und die Erreichung der Ziele des Staatsvertrages, insbesondere des Kanalisierungsziels.
„Nun gilt es, alles Erforderliche in die Wege zu leiten, um der von der Studie aufgezeigten Entwicklung entgegenzuwirken und die Wirkungsweise des Staatsvertrags zu optimieren. Wir wünschen uns dabei auch mehr Kooperation mit der GGL.“
Die Branchenverbände DOCV und DSWV stellen folgende Forderungen:
- Die Behörde muss ihre Genehmigungsprozesse beschleunigen, um Aktivitäten im illegalen Glücksspielmarkt zu vermeiden. Um dies zu erreichen, seien Personalaufbau und die Nutzung externer Ressourcen erforderlich.
- Die Wettbewerbsfähigkeit des legalen Marktes müsse gesteigert werden, indem Spieleinsatzlimits für das virtuelle Automatenspiel erhöht und die Wettprogramme bei Sportwetten erweitert würden.
- Alle Möglichkeiten, ein Werbeverbot gegen illegale Betreiber durchzusetzen, müssten konsequent genutzt werden.
- Die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags zur Zielerreichung müssten erneut überprüft werden.
Das gemeinsame Ziel aller Seiten sei, dass das Spiel im legalen Markt stattfinden solle, erklärt Dr. Quermann. Nur so könnten echter Spielerschutz, Steuereinnahmen und die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen gewährleistet werden. Derzeit verbrächten die Spieler jedoch jede zweite Minute im illegalen Markt ohne Spieler- und Jugendschutz. Dies habe verheerende Folgen.
Stellungnahme der GGL: Glücksspielbranche schätzt Schwarzmarkt zu groß ein
In ihrer Stellungnahme zu den Unterschieden in den Ergebnissen der Studien zur Erhebung der Marktgröße begrüßt die GGL den wissenschaftlichen Diskurs zu den Erhebungsmethoden. Es sei das Ziel, valide Zahlen zum Online-Glücksspielmarkt zu erhalten. Daher sei die GGL offen für neue oder weiterentwickelte Ansätze der Erkenntnisgewinnung.
Die Behörde gehe davon aus, dass derzeit 800 bis 900 illegale Online-Glücksspiel-Portale im Markt aktiv seien. Dies umfasse neben Sportwetten und Automatenspielen auch Online-Poker, Casinospiele sowie Zweitlotterien. Der Anteil dieser Angebote sei jedoch im Jahre 2022 insgesamt rückläufig gewesen, so die Behörde. Nach Schätzungen der GGL machten die illegalen Glücksspielangebote mit einem Marktvolumen von 300 bis 500 Mio. Euro etwa 2 % bis 4 % des regulierten Marktes aus.
Um zu diesen Erkenntnissen zu gelangen, seien Besucheraktivitäten von illegalen Internetseiten, Angebote von nicht lizenzierten Anbietern und Affiliate-Marketing-Netzwerken analysiert worden. Diese würden regelmäßig angepasst und weiterentwickelt. Gleichzeitig weise die GGL die Kritik der Branche zurück, wonach die Behörde statische Modelle zur Analyse des Marktvolumens verwende, die Veränderungen im Markt nicht Rechnung trügen.
Weiter heißt es in der Mitteilung:
„Die Erhebung der Daten zum illegalen Online-Glücksspiel ist sehr komplex, da sich der Schwarzmarkt ständig verändert. Unabhängig vom Modell zur Datenerhebung handelt es sich jeweils um eine Schätzung und Momentaufnahme. Dabei wird eine Regulierungsbehörde die Datenlage stets konservativ bewerten, während die Glücksspielindustrie eher dazu tendiert, die Wettbewerbssituation durch den illegalen Markt größer einzuschätzen.“
Daher sei die GGL in ständigem Austausch mit der Branche, um zu einem einheitlichen Verständnis zu gelangen. Es gehöre zu den Anliegen der Behörde, gemeinsame Positionen zur Vermessung des illegalen Marktes zu finden.
überarbeitet am: Dienstag, 28. November 2023