Schwarzmarkt, Werbung, Regulierung - 20. Symposium Glücksspiel der Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim
Auf dem 20. Symposium Glücksspiel der Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim kamen Branchenvertreter und Interessengruppen zusammen und diskutierten über Glücksspielregulierung, Werbung, Kanalisierung und den Schwarzmarkt.
Die Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim hat am 14. und 15. März 2023 zum 20. Symposium Glücksspiel geladen. Bei der Hybridveranstaltung waren mehr als 220 Gäste vor Ort und weitere 110 verfolgten die Veranstaltung online. Zu den Anwesenden gehörten neben Branchenvertretern wie dem Deutschen Online Casinoverband (DOCV) und dem Deutschen Sportwettenverband (DSWV) auch Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft und Forschung.
Effiziente Bekämpfung des Schwarzmarkts? Die Meinungen sind geteilt
Die Bekämpfung des Schwarzmarkts gehörte zu den zentralen Diskussionsthemen. Seitens der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) wurde von einer erfolgreichen Kanalisierungsrate gesprochen. Laut GGL-Vorstand Ronald Benter belaufe sich diese allein im Sportwetten-Segment auf rund 95 %.
Diese Auffassung wurde von den Branchenvertretern nicht geteilt. Illegale Angebote stellten immer noch eine erhebliche Konkurrenz dar, was die Rentabilität der regulierten Angebote erheblich schmälerten, konstatierte der DSWV. Vielmehr könne auf Hunderten von illegalen Webseiten noch gespielt werden.
Zudem gebe es keine nachvollziehbaren veröffentlichten Daten, die die Aussage der GGL in Bezug auf die kommunizierte Kanalisierungsrate untermauerten. DSWV-Präsident Mathias Dahms forderte daher mehr Transparenz bezüglich der von der Behörde gesammelten Daten.
Dahms bemängelte zudem, dass die GGL die Kanalisierungsrate an den Sportwetten-Steuern berechnet habe. Es sei allerdings davon auszugehen, dass zahlreiche illegale Anbieter gar keine Steuern in Deutschland abführten, obwohl diese hierzulande hohe Umsätze generierten. Vor allem die Tatsache, dass die Umsätze der zugelassenen Anbieter rückläufig seien, sei ein klarer Indikator dafür, dass der illegale Markt weiter anwachse.
Ausgebremst? - Kanalisierungsrate für virtuelle Automatenspiele noch unklar
Die Kanalisierungsrate für das virtuelle Automatenspiel sei derzeit noch unklar. Die Hoffnung darauf, verlässliche Daten zu erhalten, ruhe auf einer derzeit durchgeführten Studie zur Marktvermessung vom DOCV in Kooperation mit Prof. Gunther Schnabl vom Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität Leipzig.
DOCV-Präsident Dr. Dirk Quermann erklärte, die Attraktivität des regulierten Marktes sei stark abhängig vom Spielangebot. Daher drängte Quermann auf Beschleunigung des Spiele-Prüfverfahrens. Dass jedes einzelne Spiel, das ein Anbieter einreiche, jedes Mal einzeln geprüft werde, gehöre für den DOCV zu den Hauptgründen, dass der regulierte Markt nicht in Schwung komme.
Diese Vorgehensweise sei äußerst ineffizient. Dr. Quermann regte an, dass die GGL zumindest intern eine Liste führen könne:
„Anhand dieser Anforderungen wäre im Anschluss jedes Spiel in einer Version auch nur genau einmal zu prüfen. Nach erfolgreicher Prüfung wäre es dann für jeden Veranstalter, der es beantragt hat, zu erlauben.“
Diesem Argument setzte Benter entgegen, dass die GGL bereits auf einem guten Weg sei, einen attraktiven legalen Markt zu schaffen. Der Großteil der Erlaubnisanträge sei bereits beschieden. Allerdings sei die Mitarbeit seitens der Online-Glücksspielanbieter teilweise ungenügend. Dies betreffe die Zahlung der Sicherheitsleistungen sowie Mängel bei den eingereichten Automatenspielen:
„Das verzögert den Erlaubnisprozess und verhindert eine schnellere Kanalisierung vom illegalen zum legalen Markt. Wir ziehen mit den legalisierungswilligen Anbietern an einem Strang und verfolgen gemeinsam das Ziel, gleiche Wettbewerbsbedingungen unter Einhaltung des Spieler- und Jugendschutzes zu schaffen. Wir möchten hier aber mehr Anstrengungen seitens der Anbieter sehen.“
Tauziehen um Werbung und Affiliate-Marketing
Werbung für legale Glücksspielangebote und Affiliate-Marketing und deren Regulierung war Thema in mehreren Beiträgen auf dem Symposium. Im Rahmen einer Umfrage unter den Teilnehmern der Veranstaltung hätten sich weniger als ein Drittel für ein Totalverbot von Glücksspielwerbung ausgesprochen. Werbung habe die wichtige Funktion, den Spieler in den regulierten Markt zu führen. Dies ist auch im Glücksspielstaatsvertrag ausdrücklich erlaubt.
Auch herrsche Einigkeit darüber, dass Werbung nicht zugelassener Betreiber unterbunden werden müsse. Vor allem im Internet rührten illegale Anbieter gerade massiv die Werbetrommel. Aus diesem Grunde dürften Diskussionen um Werbung und deren Begrenzung besonders schwierig sein.
Die GGL setze sich gegen Werbung illegaler Anbieter ein. Nadja Wierzejewski von der GGL stellte in diesem Zusammenhang die aktuellen Zahlen vor:
- 1.331 Seiten auf wurden auf Werbung für illegales Glücksspiel untersucht;
- 198 Verfahren wegen Werbung für unerlaubtes Glücksspiel wurden gestellt;
- 129 Hinweise an Werbende wurden versendet;
- 20 Untersagungsverfahren wurden gestellt.
Affiliate-Marketing ist ein weiterer Themenbereich, der auf dem Symposium für Gesprächsstoff sorgte. Thematisiert wurde vor allem ein Ordnungswidrigkeitsbescheid in fünfstelliger Höhe, der gegen einen Erlaubnisinhaber aufgrund von Verstößen gegen Werbebestimmungen verhängt wurde.
Die Rechtsanwälte Michelle Hembury und Dr. Holger Jakob konstatierten, dass hier ein regulierter Anbieter für die unzulässige Werbung eines illegalen Marktteilnehmers verantwortlich gemacht worden sei. Allerdings sehen die Nebenbestimmungen des GlüStV auch vor, dass lizenzierte Anbieter nur bei jenen Affiliate-Partnern werben dürften, die keine Werbung für illegale Anbieter schalteten.
Dies könne sich negativ auf den regulierten Markt auswirken. Wenn etwa Spieler sich auf Vergleichsportalen über die besten Angebote informierten, fänden sie so auf einigen Plattformen ausschließlich illegale Angebote vor.
Payment Blocking – Zahlungsanbieter sind kooperativ
Wierzejewski präsentierte auch aktuelle Zahlen, die die Behörde im Rahmen ihrer Bemühungen erhoben hat, um den Schwarzmarkt durch Payment Blocking auszutrocknen. Dafür habe die GGL alle gängigen Zahlungsdienstleister ins Boot geholt. Dazu gehörten neben Banken auch Kredit- und E-Geld-Institute.
Die Bemühungen hätten sich gelohnt und es sei ein deutlicher Rückgang der Transaktionen zu erkennen. Die bisherigen Aktivitäten seitens der Behörde seien folgende:
- 194 Seiten wurden überprüft.
- 2.252 Einzahlungsversuche wurden zur Beweisführung gesammelt.
- 15 Verwaltungsverfahren wurden eingeleitet.
- 9 Kooperationseinstellungen wurden erwirkt.
- Die GGL hat Unterstützung durch die Kreditinstitute erhalten.
Spieler- und Jugendschutz – Interesse Jugendlicher an Glücksspiel nicht angestiegen
Gegenstand vieler Diskussionen auf der Veranstaltung sei auch der Spieler- und Jugendschutz gewesen. Was die Werbung angehe, so lasse sich festhalten, dass diese laut Experten zielgruppenabhängig wirke, zum Beispiel was das Alter angehe. Erfreulich sei die Erkenntnis, dass die Zahl der Menschen mit problematischem Spielverhalten, die sich an Beratungsstellen gewandt hätten, von 2020 auf 2021 um 23 % zurückgegangen sei.
Zwar sei die Anzahl Minderjähriger, die sich am Glücksspiel beteiligten, immer noch hoch. Aber diese gehe insgesamt zurück. Auch sei laut Dr. Raffaello Rossi von der Universität Bristol kein gesteigertes Interesse für Glücksspiel von Minderjährigen zu beobachten. Dies gehe aus einer britischen Studie hervor, in der die Reaktionen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen auf Glücksspiel-Werbung und Content Marketing ermittelt worden seien.
Laut den Resultaten seien die Reaktionen seitens der Kinder und Jugendlichen auf die Werbebotschaften zumeist positiv, während Erwachsene negativ reagiert hätten. Rossi schlussfolgere, dass die Konfrontation mit der Werbung in jungen Jahren dafür sorgen könne, dass junge Menschen eine positive Grundhaltung gegenüber dem Glücksspiel entwickelten.
Sicher sei dies keineswegs eine Evidenz dafür, dass Minderjährige durch Glücksspielwerbung wirklich Interesse dafür entwickelten. Doch die Erkenntnisse könnten ein weiteres Argument dafür sein, sich für Werbeverbote in den sozialen Medien auszusprechen. Was letztendlich entschieden wird, bleibt nun abzuwarten.
überarbeitet am: Mittwoch, 22. März 2023