Deutscher Sportwettenverband: Richtungswechsel bei Regulierung von Glücksspiel erforderlich?
In seiner Jahrespressekonferenz am 9. März 2023 fordert der Deutsche Sportwettenverband ein Umdenken bei der Glücksspiel-Regulierung und der Bekämpfung des Schwarzmarktes.
Der Deutsche Sportwettenverband (DSWV) hat am 9. März zu seiner Jahrespressekonferenz geladen. Im Rahmen der virtuellen Veranstaltung präsentierte DSWV-Präsident Mathias Dahms Erkenntnisse des Verbands zur Entwicklung des regulierten Glücksspiel- und Sportwetten-Marktes in Deutschland.
Schwarzmarkt in Deutschland boomt: Hunderte illegale Glücksspiel-Webseiten aktiv
Am Beispiel der Online-Sportwetten spiegelte der DSWV die Entwicklung des Online-Glücksspiel-Marktes wider. Zwar sei das Interesse der Deutschen an der Sportwette groß. Doch die strenge Regulierung mache es den regulierten Anbietern schwer, den Kundinnen und Kunden attraktive Produkte zu bieten, um mit den Angeboten des illegalen Marktes zu konkurrieren.
Der legale Glücksspiel-Markt in Deutschland steht einer großen Anzahl an nicht regulierten Angeboten gegenüber. (Bild: DSWV)
Ähnliche Phänomene seien auch in der gesamten Online-Glücksspiel-Branche zu beobachten. So gebe es derzeit 46 erlaubte Glücksspiel- und Sportwetten-Anbieter. Diese müssten allerdings mit 840 in Deutschland aufrufbaren Webseiten konkurrieren. Davon seien bei 723 Plattformen auch Registrierungen aus Deutschland möglich.
Es kämen zudem immer mehr neue Anbieter hinzu. Der DSWV gehe davon aus, dass sich die Anzahl der illegalen Anbieter bald im vierstelligen Bereich bewegen werde. Aufgrund der überbordenden Regulierung bleibe den lizenzierten Anbietern nur wenig Handlungsspielraum, um konkurrenzfähige Inhalte bieten zu können, so Dahms. Es sei genau jenes Szenario eingetreten, vor dem der DSWV gewarnt habe:
„Der legale Markt muss sich gegen die unzähligen Schwarzmarkt-Anbieter, die sich an keinerlei Vorgaben und Regeln halten, behaupten. Für die meisten Kunden ist zweitrangig, ob ein Anbieter über eine Erlaubnis aus Deutschland verfügt. Sie suchen nach dem umfangreichsten Angebot, den besten Quoten, unkomplizierten Zahlungsvorgängen und interessanten Boni. Da haben die legalen Angebote einen schweren Stand.“
Glücksspiel-Behörde stößt an ihre Grenzen
Die Glücksspielbehörde der Länder (GGL) hat zu Beginn des Jahres 2023 ihre Tätigkeit aufgenommen. Zu deren wichtigsten Aufgaben zählt neben der Lizenzvergabe für virtuelles Automatenspiel, Online-Poker und -Sportwetten die Bekämpfung des illegalen Glücksspiels.
Allerdings sei der Schwarzmarkt trotz der Bemühungen der Behörde weiter angewachsen. Es habe auch einige Rückschläge gegeben. So sei die GGL an der Durchführung des IP-Blockings gescheitert. Auch die Anwendung des Payment-Blockings werde nach Ansicht des DSWV nicht ausreichend umgesetzt.
Bei einem Blick auf die Regulierung des Marktes hingegen könne festgestellt werden, dass die Beschränkungen zu restriktiv seien. Dazu zählten die hohen Anforderungen bei den Registrierungen, zu eingeschränkte Spielangebote und zu starke Werbebeschränkungen. Eine Kanalisierung funktioniere daher nicht.
Wie kann ein erfolgreicher Kampf gegen den Schwarzmarkt funktionieren?
Zum einen könne der Schwarzmarkt durch die Durchsetzung der GGL-Maßnahmen bekämpft werden. Dazu gehörten:
- Zwangsgelder: Diese seien aber nur schwer vollstreckbar, wenn sich die illegalen Anbieter im außereuropäischen Bereich befänden.
- Strafverfahren: Die Möglichkeiten der deutschen Strafverfolgungsbehörden seien allerdings nur beschränkt.
- IP-Blocking: Dieses Instrument könne jedoch nach einem Eilentscheid des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom Februar diesen Jahres derzeit nicht eingesetzt werden.
- Payment-Blocking: Der DSWV setzt auf die Mithilfe der Zahlungsanbieter, um illegale Glücksspielangebote auszugrenzen.
Maßnahmen zur Verdrängung des Schwarzmarktes (Bild: DSWV)
Auf der anderen Seite schlägt der DSWV vor, wie ein attraktiver legaler Markt gestaltet werden könne:
- Breiteres Angebot, um mit illegalen Anbietern konkurrieren zu können
- Gute Auszahlungsquoten, die jedoch derzeit durch die Erhebung der Einsatzsteuer weniger attraktiv gestaltet werden können
- Die Möglichkeit, bessere Boni anzubieten
- Spielerschutzanforderung senken durch Rücknahme von zu strengen Auflagen
- Sichere Zahlungen
Warum derzeit eine Kanalisierung problematisch ist. (Bild: DSWV)
Die Werbung in der Wett- und Glücksspiel-Branche
Nach § 5 des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) 2021 sei Werbung ausdrücklich vorgesehen. Diese diene der Kanalisierung und informiere die Kunden über die legalen Angebote. Allerdings seien Stimmen laut geworden, die sich für ein Werbeverbot aussprächen. Derartige Verbote seien eher kontraproduktiv, was sich an Beispielen aus dem Ausland zeige, erläuterte DSWV-Hauptgeschäftsführer Luka Andric.
So habe Italien auf ein Totalverbot der Werbung gesetzt, mit dem Ergebnis, dass die Kanalisierung von 98 % auf nur 82 % gefallen sei. Ähnliche Erfahrungen habe auch die schwedische Regierung zu verzeichnen. Dort seien die Restriktionen zugunsten der Kanalisierung mittlerweile aufgehoben worden.
In Großbritannien hingegen werde auf freiwillige Restriktionen seitens der Anbieter gesetzt. Dadurch sei eine Kanalisierung von nahezu 100 % erreicht worden. Schlussfolgernd begünstigten Werbeverbote den Schwarzmarkt und schwächten den Spielerschutz.
Dazu sagte Andric:
„[…] Den illegalen Anbietern aus Drittstaaten sind die deutschen Regelungen völlig egal. Viele werben sogar im Internet gezielt damit, auch gesperrte Spieler spielen zu lassen. Diese Art der Werbung muss dringend unterbunden, die Werbemöglichkeiten der legalen Anbieter gestärkt werden.“
Länder wie Dänemark und Großbritannien hätten darüber hinaus gezeigt, dass zwischen dem Volumen der Glücksspielwerbung und Spielsucht keine Korrelation bestehe, zumal dort, anders als in Deutschland, verlässliche Daten über den Glücksspielmarkt erhoben würden.
Noch ein weiter Weg zu einem funktionierenden Glücksspielmarkt?
Dahms schloss die Pressekonferenz mit der Anmerkung, dass die Behörde sich derzeit noch in einem Lernprozess befinde. Es müssten regelmäßig Daten evaluiert und veröffentlicht sowie die Auswirkungen von Regulierungsinstrumenten überwacht werden, um ein objektives Bild zeichnen zu können.
Deutschland habe europaweit das restriktivste Glücksspielgesetz. Es müsse überprüft werden, ob die Maßnahmen den gewünschten Effekt hätten. Für den DSWV sei eine europaweite Glücksspielregulierung ideal. Dahms schlägt außerdem einen regelmäßigen Dialog zwischen den Regulierungsbehörden vor, um die Best Practises auszutauschen.
Auch sei es sinnvoll, auf den Erfahrungsschatz der Glücksspiel-Betreiber zuzugreifen, die seit Jahren in zahlreichen Nationen mit unterschiedlichen Regulierungsansätzen aktiv seien.
überarbeitet am: Freitag, 10. März 2023